Rainer Graumann

Rezension des Buches „Jahrhunderte nach Luther“ von Bruno Johansson

 

In einer heute weitgehend atheistisch und pluralistisch geprägten Welt versucht der Autor einen Kontrapunkt zu setzen, indem er die Lehre und die Person Elis (Gott) und seines Sohnes Jesus Christus in den Mittelpunkt nicht nur der Theologie, sondern besonders auch der Philosophie, der Wissenschaften, der Kunst und der Politik stellt. Dieser Versuch gelingt dem Autor vortrefflich und führt zu spannenden Interaktionen, der so unterschiedlich erscheinenden Bereiche. Gemeinsamkeiten und neue Sichtweisen folgen zwangsläufig dieser Synthese. Man muss dabei aber immer im Auge behalten, dass Religionen auf Glauben beruhen und dieser Glaube heutzutage eine wenig repräsentative Basis insbesondere für die Wissenschaften darstellt. Der Zusammenhang zwischen der Theologie und den philosophischen Wissenschaften erscheint dagegen sehr viel stärker belegt zu sein. Als Beispiel ist in dem Buch die Ethik genannt, die sowohl von Seiten der Theologie als auch der Philosophie eine herausragende Rolle spielt und für das Zusammenleben der Menschen eine existentielle Bedeutung hat. Wie der Autor betont, könnte gerade auf diesem Gebiet das Zusammenleben der Menschen sehr nachhaltig von den theologischen Glaubenssätzen profitieren. In dem Buch geht es letztlich darum, wie der Glaube aus seinem oft isolierten Dasein zu einer wichtigen Grundlage des menschlichen Handelns werden kann, um alle Bereiche des Lebens zu durchdringen.

Wie der Autor sehr eindrucksvoll vermittelt, werden diese Zusammenhänge zwischen den unterschiedlichen Disziplinen weitestgehend dominiert von der zentralen und überragenden Rolle Elis (Gottes) und seines Sohnes Jesus Christus in der Geschichte der Menschheit. Da Eli mit der Hilfe seines Sohnes die Welt erschaffen hat, beruhen auch alle von den Menschen getragenen Wissenschaften dem überall wirksamen Einfluss Gottes.

Dieses Grundprinzip zieht sich mit allen Konsequenzen ausnahmslos durch alle Kapitel des Buches. Angefangen bei der grundlegenden Beziehung Elis zu dem von ihm geschaffenen Universum, das einzig dem Zweck dient, einen Lebensraum für die Kinder Gottes zu schaffen, damit sie hier den Zweck ihrer Erschaffung erfüllen können. Ein kurzer Einschub in das Wesen der Wahrheit, was sie eigentlich ist, wie wir sie erkennen können und welchen tiefergehenden Zweck sie erfüllt, stellt eine Basis für die nachfolgenden Kapitel bereit. Wobei hier kritisch angemerkt werden muss, dass der Begriff Wahrheit nur im Kontext göttlicher Offenbarung einen absoluten Stellenwert bekommt, ansonsten aber sehr stark von der Sichtweise des Betrachters abhängt. Aus den Betrachtungen der theologischen Grundprinzipien (insbesondere was das Wesen Elis angeht) leitet der Autor Folgerungen für die wissenschaftlichen Einzeldisziplinen ab, die sich in natur- und geisteswissenschaftliche Fachrichtungen unterteilen. Hervorzuheben sind aus meiner Sicht die Verknüpfung dieser Grundprinzipien mit den Entwicklungsgeschichten der Erde und der Lebewesen (Evolution und Steuerung), als auch mit den aktuellen sozioökonomischen Erscheinungen, denen wir heute begegnen.

Aus den Betrachtungen der grundlegenden theologischen Eigenschaften und den Zusammenhängen zwischen der theologischen Überzeugung des Autors und den verschiedenen Wissenschaftsbereichen stellt der Autor 95 Thesen vor (in Analogie zu den 95 Thesen Martin Luthers), die als Zusammenfassung seiner Überlegungen aufgefasst werden können.

Selbst wenn nicht jeder Leser mit allen Thesen inhaltlich übereinstimmen mag, so markieren die Thesen dennoch einen Meilenstein, der christliche Gedanken mit aktuellen politischen, ökonomischen und ethischen Themen auf eine ganz besondere Weise verknüpft. Die Thesen regen zum Nachdenken an und offenbaren dadurch Zusammenhänge von Bereichen, die scheinbar ungeordnet nebeneinander existieren. Dadurch, dass die Schlussfolgerungen des Autors insbesondere über die Eigenschaften Gottes (Elis) und die Verknüpfungen des Glaubens mit anderen wissenschaftlichen Theorien als Thesen formuliert wurden, besitzen sie auch keinen Absolutheitsanspruch, sondern sollten als Grundlage für weiterführende Diskussionen gesehen werden. Dieses wird auch durch die Bemerkung des Autors hervorgehoben, dass „die Grundlage dieses Buches auf Glauben beruht und nicht auf Wissen im Sinne des Wissenschaftsbegriffs unserer Zeit“.

 

Anmerkung zum Wahrheitsbegriff

Noch einmal zurückkommend zum Begriff der Wahrheit, den der Autor bewusst und wohl überlegt als Basis für die nachfolgenden Punkte eingeführt hat. Eine Wahrheit steht nicht unabhängig im Raum. Aber sie sollte eine Gesellschaft zusammenbringen, sie fördern und in die richtige Richtung leiten. Aber leider ist heute der Begriff der Wahrheit verschmutzt worden. Die Wahrheit wird zunehmend manipuliert und für schlechte Zwecke missbraucht. Heute ist die Welt schon einen Schritt weiter in Richtung ihrer eigenen Verderbtheit gelaufen, indem die Wahrheit oft nur noch zweckgebunden verwendet und damit verunstaltet wird. Sie ist dabei ihren tieferen Sinn zu verlieren. Es werden nur noch solche „Wahrheiten“ verwendet, die eigens konstruiert werden um die eigenen Lügen verbreiten oder vertuschen zu können. Besonders in der Politik ist die Wahrheit heute zu einem Werkzeug der Manipulation verkommen. Leider ist hier der wohlmeinende Wunsch des Autors, dass Wahrheit ein Abbild der Wirklichkeit ist, durch genau diese auf der falschen Seite überholt worden.

 

Rainer Graumann, Februar 2024